Das erste Schuljahr:

Die Sommerferien waren auch schnell vorbei. Von nun an fing ich an, in eine „für mich“ ganz neue Welt einzutauchen. Noch nie zuvor, ausser in der Zeit der berufsfindenden Maßnahme, habe ich so viele Rollstuhlfahrer gesehen, wie mir von nun an täglich begegnet sind.

Als Rollstuhlfahrer war man dort am sichersten, die Fußgänger störten nur. Es war teilweise wie im richtigen Straßenverkehr.

Schnell lernte ich die Vorteile eines Rollstuhls kennen. Nach eine paar Wochen in der neuen Schule machte mein linkes Bein auf einmal das was es wollte. Ich konnte es nur noch schwer bewegen, sprich es war annähernd gelähmt. Ich hatte meine ersten Schub in der neuen Umgebung. So dass ein Fortkommen nur noch im Rollstuhl möglich war. Da dies aber nicht Sinn und Zweck sein sollte, ging ich für eine Kortisonbehandlung wieder ein paar Tage ins Krankenhaus.

Die Probleme mit dem linken Bein besserten sich dann auch wieder recht schnell. Es wäre sicher noch schneller gegangen, wenn ich es nicht so interessant gefunden hätte im Rollstuhl zu sitzen. Heute bin ich, was dieses Thema angeht, viel schlauer.

Wieder zurück in der Schule, musste ich feststellen, dass ich doch viel verpasst hatte. Aber die Lehrer machten mir Mut und sagten, dass ich alles sicher schnell wieder aufholen würde. Besonders BWL machte mir Sorgen, denn da hatte ich fast ein komplettes Thema verpasst. Deshalb kam die Lehrerin auch auf mich zu und bot mir an, alles noch mal kurz nach der Schule zu erklären. Die Erklärung fand dann kompakt in gut 2 Stunden statt. Die Klassenarbeit zu diesem Thema setzte ich dann aber dennoch in den Sand. Ich schrieb eine 4. Aber dadurch wurde mein Ehrgeiz geweckt und ich holte die Schlappe schnell wieder auf.

Nach dieser unfreiwilligen Pause, brauchte es dann noch ein paar Wochen bis ich mich richtig eingelebt und die ersten Freundschaften geschlossen hatte. Vor allem auf der Wohngruppe fand ich zu Einigen besser Kontakt: wir hatten das gleiche Hobby, den PC!

Auch in der Schule ging es nun aufwärts. Ich schloss erste Freundschaften und legte die anfängliche Skepsis gegenüber all dem Neuen ab. .

Ich begann dann auch schnell meine Prioritäten zu setzen. In Fächern, die mich interessierten machte ich mehr als nur das Nötigste um gute Noten zu bekommen. Ich begann dieselbe Neigung wie im BVJ zu entwickeln. Minimaler Einsatz, maximaler Erfolg. Wenn mich also ein Fach interessierte war ich bereit mehr für gute Noten zu tun als für ein Fach, das mich nicht so sehr interessierte. Wegen dieser Einstellung stieß ich dann manches Mal mit den entsprechenden Lehrern zusammen. Meistens habe ich dann meine Prioritäten zu diesem Fach erweitert, um dem Ärger mit dem entsprchenden Lehrer aus dem Weg zu gehen.

Je wohler ich mich fühlte, um so schneller verging die Zeit. So war bald das erste Halbjahr vorbei und die erste Zeugnisausgabe stand an. In diesem Zug bekamen wir von jedem Lehrer eine Rückmeldung und auch Hinweise worauf wir achten sollten, damit das 2 Halbjahr genau so erfolgreich oder sogar noch erfolgreicher vorbei ging.

Einige in meiner Klasse waren versetzungsgefährdet, an die gingen diese Rückmeldungen besonders. Bei mir hatte nur die Englischlehrerin etwas auszusetzen, sie bemängelte meine Mitarbeit, was sich auch in der mündlichen Note bemerkbar machte. Aber es sollte sich alles bessern, so dass ich auch im Englisch mehr mitarbeitete.

Das zweite Halbjahr verging dann auch fast wie im Flug und in der Klasse begann sich immer mehr die Spreu von Weizen zu trennen. Einige, die nicht so mitkamen, fielen immer weiter zurück und es war absehbar, dass sie im nächsten Schuljahr aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr dabei sein würden, was teilweise echt schade war. Ich versuchte zwar zu helfen wo immer ich konnte, aber leider wurde die Hilfe nicht immer angenommen. So dass ich es dann aufgab und mich versuchte auf mich und meine Problem zu konzentrieren, denn der nächste Schub ließ nicht lange auf sich warten. Dieses Mal ging ich schnell ins Krankenhaus, in die angeschlossene ReHa–Klink, um dort eine Kortisontherapie zu bekommen.

Da zwei meiner Lehrer auch in der ReHa–Klinik unterrichteten verpasste ich kaum was, so dass ich nach einer kurzen Pause wieder voll einsteigen konnte und die restlichen Monate des ersten Schuljahres hinter mich bringen konnte.

Mit meinem ersten Zeugnis war ich dann  im Großen und Ganzen zufrieden. Einige Noten hätten besser sein können, aber dafür hatte ich ja noch Zeit. Denn es waren noch 2 Schuljahre bis zum Abschluss in denen ich mich verbessern konnte.


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